Was ist ein Facharzt für Anästhesiologie?
Der Facharzt (FA) für Anästhesiologie wird auch Anästhesist oder Narkosearzt genannt. Der Facharzt für Anästhesiologie arbeitet fachübergreifend und wird daher gern auch als „Allgemeinmediziner des Krankenhauses“ bezeichnet. Das Aufgabengebiet des Anästhesisten wird mit AINS abgekürzt und umfasst die vier Kernbereiche Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie.
A = Anästhesie: Der Facharzt für Anästhesiologie sorgt unter anderem für die Anästhesie während einer Operation. Der Begriff „Anästhesie“ kommt aus dem Altgriechischen und heißt wörtlich übersetzt „Empfindungslosigkeit“. Der Begriff beschreibt die Ausschaltung der Berührungsempfindung, die der Narkosearzt zur Durchführung einer Operation anstrebt:
- Von der klassischen Vollnarkose bis zu verschiedenen Regionalanästhesie-Verfahren wie der PDA (Periduralanästhesie, Epiduralanästhesie) beherrscht der Anästhesist verschiedene Techniken und Formen der Anästhesie. Sie alle sollen dir Schmerz und Wahrnehmung während einer Operation oder auch während der Geburt nehmen. Der Narkosearzt kann auch dafür sorgen, dass du einen operativen Eingriff mithilfe einer klassischen Vollnarkose sozusagen „verschläfst“. Der Anästhesist versetzt dich dabei mithilfe verschiedener Medikamente oder Gase in einen Zustand der Bewusstlosigkeit. Ist die Narkose beendet, lässt der Anästhesist dich wieder erwachen und zu Bewusstsein gelangen, ohne dass du dich an die Operation erinnerst.
- Der Anästhesist trägt außerdem Sorge dafür, dass du während der Operation keine Schmerzen erleidest.
- Der Narkosearzt sorgt auch für die Aufrechterhaltung der lebenswichtigen Funktionen deines Körpers, wie Kreislauf, Herzaktivität und Atmung. Bekommst du eine Vollnarkose, sichert der Anästhesist deine Atmung. Das kann er zum Beispiel, indem er dir einen Endotrachealtubus (eine Art Beatmungsrohr) in die Luftröhre einführt und so Luft direkt in deine Lungen bringen kann. Während der Operation kontrolliert der Narkosearzt fortlaufend, ob es dir gut geht. Kommt es während der Operation zu einer kritischen Situation, ist er derjenige, der blitzschnell reagiert und beispielsweise mithilfe verschiedenster Medikamente dagegen steuert.
- Vor einer geplanten Operation lernst du den Facharzt für Anästhesiologie bereits in einem Aufklärungsgespräch beziehungsweise dem Prämedikationsgespräch kennen. Dabei klärt er dich über die verschiedenen Narkose-Verfahren auf und schätzt deine individuellen Narkose-Risiken ab. Er kann dir auch zur Beruhigung vor der OP einige Medikamente verordnen.
I = Intensivmedizin: Das Aufgabengebiet des Facharztes für Anästhesiologie umfasst auch die Intensivmedizin. Der Anästhesist ist speziell für die Arbeit auf einer Intensivstation und die Diagnostik und Therapie lebensbedrohlicher Erkrankungen und Gesundheitszustände geschult. Und ist auch mit der Beatmung von Patienten im Koma und mit der Ernährung schwerkranker Patienten betraut.
N = Notfallmedizin: In der Notfallmedizin geht es um die rasche Erkennung und Behandlung lebensbedrohlicher Zustände. Zum Aufgabenbereich des Anästhesisten zählen die Durchführung lebensrettender Sofortmaßnahmen, die Erhaltung der lebenswichtigen Körperfunktionen (Vitalfunktionen) und die Versorgung eines Notfallpatienten. Notfallmedizin und Intensivmedizin sind oft eng miteinander verzahnt. Notärzte, die im Rettungsdienst tätig sind, besetzen Rettungsmittel wie Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF) für die Notfallrettung außerhalb des Krankenhauses. Notärzte arbeiten aber häufig auch als Anästhesisten im Krankenhaus.
S = Schmerzmedizin/Schmerztherapie: Fachärzte für Anästhesiologie sind außerdem Experten auf dem Gebiet „Schmerz“. Mithilfe von schmerztherapeutischen Verfahren können Sie dir bei der Bekämpfung deines Schmerzes helfen. Zu den schmerztherapeutischen Verfahren gehören beispielsweise Medikamente sowie Nervenblockaden mit Schmerzkathetern. Hierbei werden schmerzleitende Nerven direkt betäubt.
Ausbildung zum FA für Anästhesiologie
Die Ausbildung zum Facharzt für Anästhesiologie kann nach einem erfolgreich abgeschlossenen Medizinstudium mit Erlaubnis zur Ausübung des Arztberufes (Approbation) begonnen werden.
In der Regel dauert die Weiterbildung zum Facharzt für Anästhesiologie fünf Jahre (60 Monate). Davon müssen mindestens 12 Monate in der Intensivmedizin abgeleistet werden. In der Weiterbildung lernen die angehenden Fachärzte für Anästhesiologie alle wichtigen Kernkompetenzen und Fähigkeiten aus den Bereichen der Anästhesie, der Intensivmedizin, der Notfallmedizin und der Schmerztherapie. Im Anschluss an die Facharzt-Ausbildung kann der Facharzt für Anästhesiologie weitere Zusatz-Weiterbildungen absolvieren und Zusatzbezeichnungen wie „Spezielle Intensivmedizin“, „Schmerztherapie“ oder „Notfallmedizin“ erhalten.
Wo arbeitet ein Anästhesist?
Der Facharzt für Anästhesiologie arbeitet klassischerweise in Krankenhäusern oder Universitätskliniken. Dort ist er oft im Operations-Trakt, auf Intensivstationen, in Schmerz-Ambulanzen oder in der präoperativen Aufklärung (vor einer Operation stattfindende Aufklärung und Untersuchung) tätig. Aber auch Anstellungen in ambulanten Facharztpraxen, Operations-Zentren zur Betreuung ambulanter Operationen oder in Praxen mit Spezialisierungen beispielsweise im Teilbereich der Schmerztherapie sind möglich.
Zum Teil arbeiten Anästhesisten außerdem als Notarzt im Rettungsdienst, sofern sie die je nach Bundesland dazu benötigte zusätzliche Qualifikation wie den „Fachkundenachweis Rettungsdienst“ beziehungsweise die „Zusatzbezeichnung Notfallmedizin“ erworben haben.
In der medizinischen Lehre und Forschung sind Fachärzte für Anästhesiologie ebenfalls zu finden.
Wann gehst du zum FA für Anästhesiologie?
Vor einer geplanten Operation bekommst du einen Termin beim Anästhesisten zugeteilt. Dieses Prämedikationsgespräch dient insbesondere dazu, dich über die Risiken und die Durchführung der Narkoseverfahren bzw. Anästhesie-Verfahren für deine Operation aufzuklären. Außerdem möchte der Anästhesist bei diesem Termin möglichst viel über deine medizinische Vorgeschichte, deine Vorerkrankungen, mögliche Allergien, Medikamenteneinnahmen und bestimmte Risikokonstellationen erfahren, um die Narkose während der Operation so sicher und gut wie möglich durchzuführen. Dazu führt er gewisse Untersuchungen durch oder ordnet weitere Untersuchungen an. Bist du vor einer Operation sehr nervös oder ängstlich kann dir der Anästhesist außerdem Medikamente zur Beruhigung verordnen.
Auch unmittelbar vor deiner Operation wirst du dem Facharzt für Anästhesiologie begegnen. Er legt dich in Vollnarkose, lässt dich bis zum Einschlafen laut herunterzählen und wünscht dir schöne Träume. Der Anästhesist kann dir außerdem eine Periduralanästhesie (PDA) im Rahmen einer Geburt legen oder dir deinen Arm lokal betäuben, wenn eine kleine Operation in Lokalanästhesie durchgeführt werden soll.
Liegst du als Patient auf einer Intensivstation, so wirst du häufig durch einen Facharzt für Anästhesiologie betreut.
Im Falle eines Notfalls außerhalb des Krankenhauses, wie einem schweren Verkehrsunfall, einem Herzinfarkt oder einer sonstigen lebensbedrohlichen Situation, wird mit Anruf der 112 oft nicht nur ein Rettungswagen, sondern auch ein Notarzt alarmiert. Häufig, jedoch nicht zwingend, triffst du im Falle einer Notarzt-Alarmierung auf einen Facharzt für Anästhesiologie. Denn Notarzteinsatzwagen werden oft durch Mitarbeiter des Fachbereichs Anästhesiologie eines Krankenhauses besetzt. Auch Ärzte jedweder anderer Fachdisziplin können eine Qualifikation zum Notarzt erwerben und als Notarzt tätig werden.
Wenn du nach einer Operation an starken Schmerzen oder unabhängig von einer Operation an chronischen Schmerzen leidest, ist der Anästhesist insbesondere der Facharzt für Anästhesiologie mit der Zusatzbezeichnung „Schmerztherapie“ der richtige Ansprechpartner für dich. Mithilfe genauer Standards zur Behandlung von akuten und chronischen Schmerzen und viel Erfahrung im Umgang mit nicht-medikamentösen Schmerztherapien kann der Anästhesist dir als „Schmerz-Experte“ weiterhelfen.
Untersuchungen beim FA für Anästhesiologie
Im Rahmen des Aufklärungs- beziehungsweise Prämedikationsgespräches kann der Facharzt für Anästhesiologie bestimmte Untersuchungen durchführen oder anordnen. Diese Untersuchungen dienen dazu, dir die maximal mögliche Sicherheit während einer Narkose zu bieten. Der Anästhesist möchte sich mithilfe der Untersuchungen ein genaues Bild von dir und deinem gesundheitlichen Zustand machen. So kann er auf mögliche Risiken während der Narkose optimal reagieren.
- Körperliche Untersuchung und Anamnese: Der Facharzt für Anästhesie hört in der Regel vor einer Operation dein Herz und deine Lunge ab. Er möchte sich außerdem anhand einer Blutdruck- und Pulsmessung einen Überblick über die Funktionen deines Herzens und deiner Lunge machen. Ist eine Vollnarkose geplant, untersucht der Anästhesist in der Regel einmal deinen Mund und schaut, ob er bei der Beatmung und Intubation (Legen eines Beatmungsrohres) Komplikationen zu erwarten hat. Zur Untersuchung durch den Anästhesist zählen auch gezielte Fragen. Dabei erfragt der Narkosearzt beispielsweise bestimmte Risikofaktoren oder wie stark du körperlich belastbar bist.
- Blutentnahme: Der Anästhesist benötigt vor einer Operation deine aktuellen Blut-Werte, insbesondere die Werte deiner Blutgerinnung, deines Blutbildes und deine Nieren-Werte wie den KREA-Wert. Erfahre mehr zum Laborwert KREA. Die Blut-Werte dienen zur Risikoeinschätzung. Die Blutuntersuchung kann je nach Vorerkrankungen außerdem weitere Blut-Werte wie die Leber-Werte enthalten.
- Elektrokardiogramm (EKG): Der Facharzt für Anästhesiologie kann vor einer geplanten Operation eine Herzschrift, ein Elektrokardiogramm, anfertigen lassen. Mithilfe von Klebe-Elektroden auf deiner Brust können die elektrischen Ströme des Herzens aufgezeichnet werden. So können zum Beispiel stattgefundene oder aktuelle Durchblutungsstörungen oder andere Erkrankungen des Herzens aufgedeckt werden, die auch für die Narkoseführung relevant sind.
- Röntgen-Untersuchung des Thorax: Mithilfe einer Röntgen-Aufnahme deiner Brusthöhle (Thorax) können der Herzschatten und die Lunge eingesehen werden. Bestimmte Patientengruppen mit einem erhöhten Operationsrisiko oder Patienten ab einem bestimmten Alter werden häufig routinemäßig vor einer Operation geröntgt.
- Lungenfunktionsmessung: Bei einer Lungenfunktionsprüfung, auch Lufu abgekürzt, kann getestet werden wie gut deine Lungenfunktion ist. Dabei werden die verschiedenen Atemströme gemessen und so dein Lungenvolumen und weitere Parameter deiner Lungenfunktion gemessen.
Je nach deinen Vorerkrankungen kann der Facharzt für Anästhesiologie außerdem noch weitere, fachspezifische Untersuchungen anordnen. Beispiele dafür sind: ein Echokardiogramm beim Kardiologen, eine Ultraschalluntersuchung des Herzens oder andere bildgebende Untersuchungen wie ein Computertomogramm (CT).
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