Heilpflanze Johanniskraut: Anwendungsgebiete
Johanniskraut, auch Echtes Johanniskraut, Gewöhnliches Johanniskraut, durchlöchertes Johanniskraut und lateinisch Hypericum perforatum genannt, leuchtet dir von Mitte Juni bis in den Spätsommer mit seinen gelben Blüten an lichtreichen Weg- und Wiesenrändern entgegen. Rund um den Johannistag am 24. Juni steht das bis zu 70 Zentimeter hohe Johanniskraut meist in voller Blüte und erhielt deshalb seinen Namen. Aufgrund des roten Sekrets seiner Blüten wird das Johanniskraut auch „Johannisblut“ oder „Blutkraut“ genannt.
Gegen das Licht gehalten verschaffen die kleinen Sekretbehälter an Blättern und Blütenblättern der Heilpflanze des Jahres 2019 ein Aussehen, als sei sie durchlöchert. Die hellen Öldrüsen enthalten vorwiegend ätherisches Öl. Die dunklen Öldrüsen an den oberen Blättern und Blütenteilen beinhalten das rote Sekret mit den Hauptwirkstoffen Hypericin und Hyperforin.
Echtes Johanniskraut ist heute in ganz Europa, Westasien, Ostasien, Amerika, Australien und Nordafrika heimisch und wird bereits seit der Antike als Heilpflanze zur Behandlung von Wunden, Ischiasbeschwerden und Menstruationsbeschwerden eingesetzt. Seit dem Mittelalter wird Johanniskraut dann immer mehr zur Behandlung von Stimmungstiefs und nervöser Unruhe genutzt. Heute gelten hochdosierte Hypericum-Extrakte (verschreibungspflichtig!) als pflanzliches Arzneimittel (Phytopharmakon) bei leichten bis mittelschweren depressiven Störungen. Ölige Zubereitungsformen (Ölauszüge) des Johanniskrauts wirken entzündungshemmend, wundheilungsfördernd, durchblutungsfördernd und antibakteriell.
Innerlich finden Ölauszüge des Johanniskrauts Anwendung bei leichten Verdauungsstörungen. Äußerlich kann Jonanniskrautöl zur Behandlung von stumpfen Verletzungen (Verstauchungen, Zerrungen oder Prellungen), Sonnenbrand und Myalgien (Muskelschmerz, z.B. Muskelkater) eingesetzt werden.
Nachfolgend sind die Hauptanwendungsgebiete von Johanniskrautpräparaten noch einmal für dich zusammengefasst:
- Leichte bis mittelschwere depressive Störungen
- Angstzustände
- Nervöse Unruhe
- Nervenentzündungen
- Geistige Erschöpfung
- Schlafstörungen. Lies mehr zu Hilfe bei Schlafstörungen
- Leichte dyspeptische Beschwerden. Dyspepsie ist der Fachausdruck für eine Verdauungsstörung mit Beschwerden wie Völlegefühl nach dem Essen, frühes Sättigungsgefühl, Oberbauchschmerzen, Unwohlsein, Magenbrennen, Blähungen, Übelkeit und Erbrechen, Aufstoßen und Sodbrennen
- Unterstützend zur Wundheilung bei leichten Entzündungen der Haut
- Sonnenbrand
- Myalgie (Muskelschmerz)
- Ischias
- Rheuma
- Harmonisierung des Hormonhaushalts in den Wechseljahren
- Reizblase
- Harnwegsinfekte
- Blasenentzündung. Weitere Hilfe und Hausmittel bei Blasenentzündung
Johanniskraut: Wirkungsweise
In der Naturheilkunde werden die getrockneten blühenden Triebspitzen des Johanniskrauts mit Blüten, Blättern und Stängeln verwendet. Reich an Wirkstoffen sind beim Johanniskraut vor allem die Blütenknospen, die geöffneten Blüten und die noch grünen Kapseln. Johanniskraut enthält als Hauptwirkstoffe Hypericin und Hyperforin.
Hyperforin wirkt antibakteriell (hemmt die Vermehrung von Bakterien). Außerdem als sogenannter Wiederaufnahmehemmer einiger Botenstoffe (Serotonin, Dopamin und Noradrenalin) deines Nervensystems. Diese Botenstoffe werden zwischen deinen Nervenzellen an den sogenannten Synapsen (Verknüpfungsstellen von Nervenzellen zu anderen Zellen) freigesetzt und dort nach kurzer Zeit erneut in die Nervenzellen aufgenommen. Wiederaufnahmehemmer verlangsamen die Wiederaufnahme der Botenstoffe und sorgen für eine längere Verweildauer der „Glückshormone“ Serotonin, Dopamin und Noradrenalin zwischen deinen Nervenzellen. Auf diese Weise wirkt sich Johanniskraut positiv auf deine Stimmung aus und beruhigt dein Gemüt.
Hypericin wirkt entzündungshemmend und antiviral (hemmt die Vermehrung von Viren). Hypericin steigert außerdem die nächtliche Ausschüttung des Hormons Melatonin, was den Tag-Nacht-Rhythmus in deinem Körper steuert. Somit kann Hypericin auch für einen gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus sorgen.
Bei der Behandlung mit phytotherapeutischen Johanniskrautpräparaten solltest du Geduld mitbringen. Denn deren Wirkung entfaltet sich in der Regel erst nach 2–5 Wochen.
Bei hochdosierten Johanniskrautpräparaten mit einer Tagesdosis ab 600 mg können Wechselwirkungen mit einigen Arzneistoffen auftreten. Lies mehr dazu unter Johanniskraut Wechselwirkungen.
Die homöopathische Urtinktur (konzentrierte, flüssige Zubereitung) von Hypericum perforatum wird aus der frisch blühenden Johanniskrautpflanze hergestellt. Unabhängig von der Darreichungsform als Tabletten, Globuli oder Tropfen solltest du bei der Anwendung von homöopathischen Mitteln generell folgende Dinge beachten:
- Niemals ein schulmedizinisches Medikament eigenmächtig absetzen und/oder durch ein Homöopathikum ersetzen. Die Einnahme unterstützender Mittel solltest du stets mit deinem behandelnden Arzt absprechen.
- Vor der Einnahme des Homöopathikums und auch danach solltest du jeweils 15 Minuten nichts gegessen oder getrunken haben und nicht geraucht haben. Die Mundschleimhaut sollte sauber, aber auch frei von Zahnpasta sein.
- Globuli, aufgelöste Tabletten oder Tropfen mit Plastiklöffeln einnehmen.
- Kontakt mit stark riechenden ätherischen Ölen (Latschenkiefer, Menthol, Kampfer) und Lösungsstoffen (Lacke, Farben, Benzin) während der homöopathischen Anwendung bitte vermeiden.
- Minze, Zahnpasta, Kaugummi, Kaffee und Alkohol sollen die Wirkung von Homöopathika behindern. Daher vermeiden oder mindestens 15 Minuten Zeitabstand beim jeweiligen Gebrauch einhalten.
Johanniskrautpräparate: Welche wann verwenden?
Als Darreichungsformen des Johanniskrauts gibt es Tabletten, Kapseln, Tinkturen, Tee, Saft, aber auch Salben und ätherisches Öl. Vorsicht: Wenn du Johanniskraut-Tee oder Johanniskraut-Öl selbst herstellen möchtest, dann begebe dich bitte in die Hände eines Kräuter- und Pflanzen-Experten, der dich dabei unterstützt. Denn wenn du eigenständig auf einer Wiese nach Johanniskraut suchst, könntest du es mit dem giftigen Jakobs-Kreuzkraut verwechseln. Sowohl die Blätter als auch die Stängel, Wurzeln und Blüten sind beim Jakobs-Kreuzkraut giftig.
Johanniskraut-Tee aus frischen oder getrockneten Blüten und Blättern in Apothekenqualität solltest du nicht mit kochendem, sondern mit etwa auf 60°C abgekühltem Wasser zubereiten. Dadurch bleiben wichtige Inhaltsstoffe erhalten. Johanniskraut-Tee soll wohltuend bei Menstruationsbeschwerden, Wechseljahrsbeschwerden und pubertätsbedingten Verstimmungen wirken.
Stärker wirksam als Johanniskraut-Tee sollen aufgrund der höheren Wirkstoffanteile Johanniskraut-Presssaft und Johanniskraut-Tinktur sein. In standardisierten Trockenextrakten in Form von Johanniskraut-Tabletten oder Johanniskraut-Kapseln liegen in der Regel noch höhere Wirkstoff-Konzentrationen vor.
Hilfe bei Stimmungstiefs aus der Apotheke
Die ölige Zubereitung des Johanniskrauts, wegen ihrer Färbung auch „Rotöl“ genannt, ist als Fertigpräparat zur äußerlichen und innerlichen Anwendung erhältlich. Du kannst Johanniskrautöl unter anderem als Einreibemittel bei Hexenschuss, Gicht, Rheuma, zur Schmerzlinderung und Wundheilung nach Verrenkungen und Verstauchungen, bei Blutergüssen und Gürtelrose verwenden.
Für selbst hergestelltes Johanniskrautöl zur äußerlichen Anwendung verwendest du frische, zerkleinerte Blüten, Knospen und Blätter (bitte einen Pflanzenkundler bei der Bestimmung des Johanniskrauts um Rat fragen). Diese Mischung im Verhältnis von 1:4 mit Olivenöl, Weizenkeim- oder Mandelöl ansetzen. Das Ganze in einem hellen Glas an einem sonnigen Ort unter häufigem Umschütteln etwa sechs Wochen stehen lassen, bis das Öl dunkelrot gefärbt ist. Wenn du etwa 20 % der um Mitte August gebildeten eiförmigen, knallroten und kapselartigen Beeren für die Mischung mitverwendest, soll die Wirkung des Johanniskraut-Rotöls verstärkt werden. Denn die Johanniskraut-Früchte enthalten den entzündungshemmenden Inhaltsstoff Hyperforin.
Welches Johanniskrautpräparat in welcher Dosierung für dich und deine Beschwerden in Frage kommt, besprichst du bitte mit deinem Arzt, Therapeuten oder Heilpraktiker.
Johanniskraut: Nebenwirkungen
Achte bitte darauf, Johanniskrautpräparate nur nach Anweisungen der Packungsbeilage und deines Arztes oder Apothekers einzunehmen und Überdosierungen zu vermeiden. Große Mengen Johanniskraut können eine erhöhte Lichtempfindlichkeit (Hypericrismus) deiner Haut verursachen. Verantwortlich dafür ist der Wirkstoff Hypericin. Ein Sonnenbad oder der Besuch im Solarium kann dann möglicherweise zu Hautverbrennungen führen. Nimmst du Johanniskrautpräparate nach dem empfohlenen Dosierschema ein, ist das Risiko für Hautschädigungen dagegen gering. Dennoch solltest du während der Einnahme deines Johanniskraut-Präparats auf einen ausreichenden UV-Lichtschutz achten.
Homöopathische Johanniskrautmittel sind in der Regel gut verträglich. Bei der Anwendung insbesondere von hohen Potenzen ab D30 sowie LM- oder Q-Potenzen solltest du allerdings immer einen fachkundigen Arzt, Therapeuten oder Homöopathen um Rat fragen.
Johanniskraut: Wechselwirkungen
Für hochdosierte Johanniskrautpräparate mit einer Tagesdosis ab 600 mg konnten Wechselwirkungen mit einigen Arzneistoffen beobachtet werden. Das gilt für einige Antidepressiva, Immunsuppressiva (Medikamente, die dein Immunsystem unterdrücken) oder Anti-HIV-Mittel. Außerdem für Herzmittel mit dem Wirkstoff Digoxin, Asthma-Medikamenten mit dem Wirkstoff Theophyllin und Blutgerinnungshemmer vom Cumarintyp.
Johanniskraut kann die Bildung bestimmter Medikamente-abbauender Eiweiße (CYP-Enzyme oder auch Cytochrom P450-Enzyme) anregen. Damit bewirkt Johanniskraut, dass die Wirkung einiger Arzneimittel abgeschwächt wird. Bitte kläre vor der Einnahme von Johanniskrautpräparaten unbedingt mit deinem Arzt oder Apotheker ab, ob sich dadurch etwas an der Wirkung deiner Medikamente verändern kann und ob eine gemeinsame Einnahme möglich ist.
Lies in unserem Artikel Medikamente und Nahrungsmittel: Vorsicht Wechselwirkungen, wie Johanniskraut die Wirkung der „Pille“ beeinflussen kann und welche Wirkung es auf Cholesterinsenker hat.
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